Einmal nach Compton und zurück

CD-Kritik: The Game – The Documentary 2
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Vor NWA war nichts. Das erkennt auch The Game, der mit einem riesigen Tattoo auf der Brust, der Gruppe Tribut zollt, die erstmals Hip Hop nach Kalifornien brachte. Aufgewachsen in Compton, einer der gefährlichsten Städte Amerikas, waren es diese fünf Jugendlichen, die mit ihrem Gangsta Rap die brutale Realität der afroamerikanischen Bevölkerung beschrieb. Somit ist es kein Zufall das NWA zu den grössten Inspirationen für The Game zählt.

 

Als Protegé von Dr Dre, der Mitglied bei NWA war, debütierte The Game 2005 mit dem Album «The Documentary» und läutete damit eine neue Ära des West Coast Rap ein. Bis heute zählt dieses Album, mit Hits wie «How We Do» und «Hate It Or Love It», zu den grossen Klassiker des Genre. Generationen übergreifend sorgt diese Platte bis heute für Gänsehaut, umso grösser waren deshalb die Erwartungen als klar wurde, dass The Game’s neues Album «The Documentary 2» heissen sollte. Sowohl lyrisch als auch produktionstechnisch hat The Game den Fokus darauf gelegt, seine «West Side Story» detaillierter den je zu erzählen. Noch nie hat der 35-jährige seine und die Geschichte Comptons so lebhaft erzählt: Eine Stadt voller Gangs, hoher Mordraten und Cracksüchtigen.

 

Reicht es auf den Olymp? 

 

Auf Tracks wie «Don’t Trip», «Dollar and a Dream» und «Made in America» hört man die autobiographischen Elemente, in welchen er seine Erfahrungen als Gangmitglied und Drogenverkäufer wiedergibt. «I’ve been shot, stabbed, left for dead». Aussagen wie diese verleihen dem Album eine ganz besondere Härte. Dieses Gefühl wird jedoch abgeschwächt durch das Feature von Sha Sha auf «Step Up». Die bisher noch unbekannte Sängerin schafft es durch ihren Gesang im Refrain, dem Gangsta Rap eine gehörige Portion R&B zu verschaffen. Auch der soulige Beat auf «Just another Day» verleiht dem Album eine Balance zwischen knallhartem Strassenrap und Musik für einen ruhigen Tag daheim.

 

Zwölf Features dürften bei neunzehn Tracks selbst für das Hip Hop Genre viel scheinen, diese klingen jedoch alle sehr homogen und wirken sorgfältig ausgewählt. Namen wie Kendrick Lamar, Kanye West und Snoop Dogg lassen dabei jedes Hip-Hop-Herz höher schlagen, ganz zu schweigen von den Produktionen von Dr. Dre. Bis auf einige wenige Missgriffe wie «Hashtag» oder «Bitch you ain’t Shit», auf die man ohne weiteres verzichten könnte, hat das Album nur wenige Schwächen und versetzt den Hörer direkt auf die Strassen von L.A.

 

Die Frage bleibt: Schafft es «The Documentary 2» wie «The Documentary» auf den Rap Olymp? Wahrscheinlich nicht. Rapper der neuen Generation wie Kendrick Lamar, YG oder Vince Staples erfinden West Coast Rap gerade neu und scheinen die Zukunft zu sein. Trotzdem gehört The Game immer noch zu den ganz Grossen und dürfte mit diesem Album gezeigt haben dass er sich noch lange nicht zur Ruhe setzen muss.. 

 

Hip Hop in seiner reinsten Form. Mit einigen der besten Rapper der Welt im Repertoire, zeigt sich The Game von seiner besten Seite und liefert Musik zum Kopfnicken, und, um mit offener Fensterscheibe durch die Strassen zu fahren.

 

  • Künstler: The Game
  • Album: The Documentary 2
  • Label: Blood Money Entertainment
  • Release: Bereits im Handel

 

Sebastian Hofer / Mi, 04. Nov 2015